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31.10.2023
Vortrag Dr. Ulrike Kienzle, „Liebe und Erlösung in Richard Wagners Musikdramen“
19 Uhr, Stadtmuseum, Ibach-Saal, Berger Allee 2
19 Uhr, Stadtmuseum, Ibach-Saal, Berger Allee 2
Der 2. Vortrag aus der dreiteiligen Reihe wird „Tristan“ und „Parsifal“ behandeln.
Gäste sind herzlich willkommen.
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Dr. Ulrike Kienzle: Liebe und Erlösung in Richard Wagners Musikdramen „Tristan“ und „Parsifal“
Nach dem Scheitern der Dresdner Mai-Revolution 1849 begegnet Wagner im Zürcher Exil erstmals der Philosophie Arthur Schopenhauers. Sie eröffnet ihm neue Wege der Erkenntnis. In Anlehnung an die Weisheit des alten Indien postuliert Schopenhauer einen blinden „Willen zum Dasein“ als Triebfeder alles Existierenden; das Leben ist wesentlich Leiden. Erlösung aus dem schmerzvollen Dilemma bieten die Kunst, die Religion und der Weg der Askese.
Die Lektüre setzt in Wagner einen Kreativitätsschub frei: Innerhalb kurzer Zeit entwirft er „Tristan und Isolde“, das buddhistische Drama „Die Sieger“ und „Parzival“. Sie beschreiben Liebe und Erlösung als Weg der erotischen bzw. der spirituellen Abkehr von den Irrtümern einer Welt, die von Vorstellungen wie Ehre und Macht, Gewalt und Egoismus geprägt ist.
Im „Tristan“ versenkt sich Wagner in die romantische Traumwelt einer absolut gesetzten Liebe, die sich ganz im Sinne von Novalis dem „weiten Reich der Weltennacht“ hinwendet und in einer seligen Verklärung des Todes als Verschmelzung der Liebenden im tönenden Nirvana ihre Erlösung vom Leiden der unstillbaren Sehnsucht findet.
„Parsifal“ dagegen entwirft die Utopie einer gewaltfreien Gesellschaft, die an ihren eigenen Ansprüchen scheitert. Christus ist durch seinen freiwilligen Tod am Kreuz und die Stiftung des Abendmahls in der Gralsgemeinschaft lebendig. Neben christlichen Elementen durchziehen auch Aspekte des Buddhismus das Werk, so in den leidvollen Seelenwanderungen Kundrys, die das erotische Begehren in immer neue, leidvolle Existenzen wirft. Parsifal wiederum ist dem Modell des indischen Bodhisattva nachempfunden: Er wird durch die Erfahrung von Schuld und Mitleid mit der leidenden Kreatur zum Erlöser nicht nur der Gralsgemeinschaft, sondern schließlich von Jesus selbst. Darauf deuten die rätselhaften Schlussworte „Erlösung dem Erlöser“, mit dem das Werk in einer unendlichen Quintenspirale schließt.
Der Vortrag beleuchtet diese komplexen Zusammenhänge anhand von Textdokumenten, Bildern und Klangbeispielen.
Unsere Referentin Dr. Ulrike Kienzle
ist Privatdozentin für Musikwissenschaft und arbeitet als freie Autorin, Dozentin und Kuratorin von Ausstellungen. Nach dem Studium der Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie an der Goethe-Universität in Frankfurt war sie dort Wissenschaftliche Assistentin und Vertretungsprofessorin am Musikwissenschaftlichen Institut. 1997 promovierte sie mit einer Arbeit zu Franz Schrekers Oper „Der ferne Klang“. 2005 habilitierte sie sich mit ihrer Studie „dass wissend würde die Welt! Religion und Philosophie in Richard Wagners Musikdramen“ (Verlag Königshausen & Neumann). Sie ist Ko-Kuratorin für Musik am Deutschen Romantik-Museum Frankfurt und arbeitet an einem Buch über Robert Schumanns „Scenen aus Goethe’s Faust“. Außerdem ist sie Dramaturgin der Brentano-Akademie Aschaffenburg und Kuratorin sowie Autorin des Projekts „Musikstadt Frankfurt“. Vorträge zu Richard Wagner stehen immer wieder im Zentrum ihrer Dozententätigkeit.
Nach dem Scheitern der Dresdner Mai-Revolution 1849 begegnet Wagner im Zürcher Exil erstmals der Philosophie Arthur Schopenhauers. Sie eröffnet ihm neue Wege der Erkenntnis. In Anlehnung an die Weisheit des alten Indien postuliert Schopenhauer einen blinden „Willen zum Dasein“ als Triebfeder alles Existierenden; das Leben ist wesentlich Leiden. Erlösung aus dem schmerzvollen Dilemma bieten die Kunst, die Religion und der Weg der Askese.
Die Lektüre setzt in Wagner einen Kreativitätsschub frei: Innerhalb kurzer Zeit entwirft er „Tristan und Isolde“, das buddhistische Drama „Die Sieger“ und „Parzival“. Sie beschreiben Liebe und Erlösung als Weg der erotischen bzw. der spirituellen Abkehr von den Irrtümern einer Welt, die von Vorstellungen wie Ehre und Macht, Gewalt und Egoismus geprägt ist.
Im „Tristan“ versenkt sich Wagner in die romantische Traumwelt einer absolut gesetzten Liebe, die sich ganz im Sinne von Novalis dem „weiten Reich der Weltennacht“ hinwendet und in einer seligen Verklärung des Todes als Verschmelzung der Liebenden im tönenden Nirvana ihre Erlösung vom Leiden der unstillbaren Sehnsucht findet.
„Parsifal“ dagegen entwirft die Utopie einer gewaltfreien Gesellschaft, die an ihren eigenen Ansprüchen scheitert. Christus ist durch seinen freiwilligen Tod am Kreuz und die Stiftung des Abendmahls in der Gralsgemeinschaft lebendig. Neben christlichen Elementen durchziehen auch Aspekte des Buddhismus das Werk, so in den leidvollen Seelenwanderungen Kundrys, die das erotische Begehren in immer neue, leidvolle Existenzen wirft. Parsifal wiederum ist dem Modell des indischen Bodhisattva nachempfunden: Er wird durch die Erfahrung von Schuld und Mitleid mit der leidenden Kreatur zum Erlöser nicht nur der Gralsgemeinschaft, sondern schließlich von Jesus selbst. Darauf deuten die rätselhaften Schlussworte „Erlösung dem Erlöser“, mit dem das Werk in einer unendlichen Quintenspirale schließt.
Der Vortrag beleuchtet diese komplexen Zusammenhänge anhand von Textdokumenten, Bildern und Klangbeispielen.
Unsere Referentin Dr. Ulrike Kienzle
ist Privatdozentin für Musikwissenschaft und arbeitet als freie Autorin, Dozentin und Kuratorin von Ausstellungen. Nach dem Studium der Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie an der Goethe-Universität in Frankfurt war sie dort Wissenschaftliche Assistentin und Vertretungsprofessorin am Musikwissenschaftlichen Institut. 1997 promovierte sie mit einer Arbeit zu Franz Schrekers Oper „Der ferne Klang“. 2005 habilitierte sie sich mit ihrer Studie „dass wissend würde die Welt! Religion und Philosophie in Richard Wagners Musikdramen“ (Verlag Königshausen & Neumann). Sie ist Ko-Kuratorin für Musik am Deutschen Romantik-Museum Frankfurt und arbeitet an einem Buch über Robert Schumanns „Scenen aus Goethe’s Faust“. Außerdem ist sie Dramaturgin der Brentano-Akademie Aschaffenburg und Kuratorin sowie Autorin des Projekts „Musikstadt Frankfurt“. Vorträge zu Richard Wagner stehen immer wieder im Zentrum ihrer Dozententätigkeit.